Sexueller Missbrauch, körperliche Gewalt, Hunger und Krankheiten: All das erleiden die Straßenkinder in Sierra Leone. Hilfe erfahren sie bei den Projektpartnern von Jugend Eine Welt. Das Schutzzentrum Don Bosco Fambul in der Hauptstadt Freetown ist die größte Einrichtung dieser Art in dem westafrikanischen Land. Zahlreiche Projekte für auf der Straße lebende Kinder und Jugendliche sind hier gebündelt – vom eigenen Mädchenhaus bis hin zur eigenen Kinderhelpline.
In Freetown gibt es geschätzt rund 4.000 Kinder und Jugendliche, die auf der Straße schlafen und arbeiten. Um zu überleben, nehmen sie jeden Job an, der sich gerade bietet - sie schleppen schwere Lasten, sammeln Altmetall oder verkaufen Süßigkeiten. Aber auch Prostitution ist weit verbreitet. Den Kindern machen Unterernährung, Übermüdung, Drogen, Hautkrankheiten, Parasiten und Malaria schwer zu schaffen. Manche sind durch die Immunschwächekrankheit AIDS gezeichnet.
Die Anzahl der Straßenkinder in Freetown stieg in den vergangenen Jahren ständig an, denn viele Kinder und Jugendliche kamen auf der Suche nach Beschäftigung und Schutz vom Land in die Stadt. Die meisten Kinder leben auf der Straße, weil ihre Familien nicht in der Lage sind, sie ausreichend zu versorgen. Viele haben ihre Eltern aber auch bereits verloren. Immer wieder fliehen Kinder auch vor häuslicher Gewalt oder missbräuchlichen Arbeitsverhältnissen. Zahlreiche Kinder sind Opfer von Menschenhandel.
Weg von der Straße!
Im Straßenkinderzentrum Don Bosco Fambul erhalten die Straßenkinder Hilfe und Begleitung. Mit Liebe und Geduld gibt das engagierte Team den Kindern ihre Würde zurück und ermöglicht ihnen durch Bildung und Ausbildung eine Zukunftsperspektive. 84 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind derzeit im Projekt beschäftigt - die meisten von ihnen Sozialarbeiter. Ein Bus, das Don Bosco-Mobil, sucht die Kinder auf der Straße auf und versorgt sie medizinisch. Außerdem gibt es stationäre Rehabilitationsmaßnahmen für ehemalige Straßenkinder, eine Familienberatung, zwei Jugendzentren, ein Mädchenhaus, drei betreute Wohnformen, ein Job-Center sowie eine landesweite Jugendtelefonberatung. Zudem kümmert sich Don Bosco Fambul um „vergessene“ Jugendliche im Pademba-Gefängnis und bietet eine intensivpsychologische Rundum-Betreuung für schwersttraumatisierte Minderjährige an.
Viele dieser Angebote wurden vom langjährigen Leiter von Don Bosco Fambul, Salesianerbruder Lothar Wagner, mit sehr viel Engagement aufgebaut. Mittlerweile gibt es mit Pater Piotr Wojnarowski einen neuen Fambul-Direktor, der die begonnene Arbeit für die Kinder Sierra Leones fortführt.
Erstkontakt über Streetworker
Die erste Kontaktaufnahme mit den Kindern erfolgt meist auf der Straße. Die Sozialarbeiter von Fambul versuchen, bei ihren täglichen Rundgängen durch die Slums mit den Straßenkindern ins Gespräch zu kommen und machen ihnen Hilfsangebote. Dabei ist wichtig, dass die Jugendlichen selbst dazu bereit sein müssen, ihre Situation zu verändern. Wer will, kann ins Jugendzentrum kommen, das täglich von mehr als 200 Jugendlichen besucht wird. Hier wird nicht nur gespielt, sondern auch über Menschenrechte oder Hygiene gesprochen. Zudem erhalten die Jugendlichen Nahrung, Kleidung, medizinische Betreuung und psychologische Hilfe.
Hilfe für Mädchen in Krisensituationen - das Mädchenhaus
Schätzungen zufolge ist in Sierra Leone jede zweite Frau von sexueller Gewalt betroffen. Die meisten Mädchen werden in der Kindheit oder Jugend beschnitten - in der Regel unter katastrophalen hygienischen Bedingungen. Viele Mädchen werden noch vor ihrem 18. Lebensjahr zwangsverheiratet, andere werden in die Prostitution gezwungen oder Opfer von Menschenhandel. Immer wieder prangern die Fambul-Mitarbeiter:innen in Radiokampagnen und Workshops die weit verbreitete sexuelle Gewalt und sexuelle Ausbeutung von Kindern an und fordern strengere Gesetze ein.
Das Mädchenhaus von Don Bosco Fambul ist rund um die Uhr für Mädchen mit Gewalterfahrung geöffnet. Die Sozialarbeiterinnen sind jederzeit bereit, Mädchen aufzunehmen. Sie erhalten sofort Schutz und Hilfe - in den meisten Fällen auch professionelle therapeutische Unterstützung.
In einem Zentrum 40 Kilometer außerhalb können die Mädchen außerdem in Wohngemeinschaften leben. Dieses Zentrum befindet sich deshalb etwas außerhalb Freetowns, damit die Mädchen weit weg sind von ihren Peinigern. Die Mädchen erhalten dort eine psychologische Betreuung. „Es braucht Zeit, ihr Vertrauen zu gewinnen. Sie sind traumatisiert und haben Angst“, erzählt Pater Wojnarowski. „Doch sie merken bald: Hier werde ich gut behandelt. Und so gewinnen sie Vertrauen.“
Über das Ausbildungsprogramm HOPE+ sorgt Don Bosco Fambul außerdem dafür, dass die Mädchen eine neue berufliche Perspektive erhalten: Zu Beginn absolvieren sie einen zweimonatigen Vorbereitungskurs, bei dem ein individueller Unterstützungsplan für jedes Mädchen erarbeitet wird. Davon ausgehend wird entweder ein Ausbildungs- oder ein Schulplatz vermittelt. Nach Beendigung der Ausbildung werden die Mädchen bei ihren ersten Schritten in die Arbeitswelt intensiv begleitet. Sie erhalten Beratung oder finanzielle Unterstützung, wenn sie sich ein Geschäft einrichten.
Zurück in die eigene Familie
Ziel der Hilfe für die Kinder ist es, den Kindern die Rückkehr in ein geregeltes Leben in ihrer eigenen Familie oder einer Pflegefamilie zu ermöglichen. Parallel zur Betreuung der Kinder suchen daher die Sozialarbeiter den Kontakt zur Herkunftsfamilie. Durch eine intensive und regelmäßige Familienberatung wird versucht, das Kind innerhalb eines Jahres in die Familie zurückzuführen. Eine mindestens dreijährige Begleitung soll den Erfolg einer glücklichen Reintegration garantieren. Da die meisten Kinder die Schule nur unregelmäßig oder gar nicht besucht haben, bietet eine eigene "Straßenkinderschule" Förderunterricht und Hausaufgabenhilfe an. Die Kinder sind lernbegierig, weil sie wissen, dass sie ohne Schulbildung keine Chance haben.
Job Center
Kindern, die den Ausstieg aus dem Straßenalltag geschafft haben, werden zudem im Straßenkinderprogramm kleine Fertigkeiten vermittelt: das Herstellen von Betten und Stühlen, Töpfern, Schnitzen, Portraitieren - Fähigkeiten, die einen ungefährlicheren Verdienst ermöglichen, als das mit Schleppdiensten und Prostitution möglich ist. Zudem wird vielen jungen Menschen der Besuch einfacher beruflicher Kurse in den Bereichen Schreinerei, Schweißen und Elektrik, aber auch Sekretariat und Computer ermöglicht. Diese Kurse sind auf den Bedarf der Hauptstadt Freetown abgestimmt, sodass Absolvent:innen gute berufliche Zukunftschancen haben. Don Bosco Fambul kümmert sich auch darum, dass die ehemaligen Straßenkinder in Betrieben in Freetown eine Lehrstelle erhalten und begleitet die Auszubildenden weitere 18 Monate, bis sie auf dem Arbeitsmarkt Fuß gefasst haben.
Jugend Eine Welt kann mit Spenden die Kinder und Jugendlichen in Sierra Leone weiter unterstützen. „Die Kinder haben fürchterliche Misshandlungen durchlitten“, betont der Geschäftsführer von Jugend Eine Welt, Reinhard Heiserer. „Bei Fambul erhalten sie Unterstützung und eine bessere Zukunft. Helfen Sie diesen Kindern mit Ihrer Spende.“
Bitte helfen Sie uns helfen!
Spendenkonto Jugend Eine Welt
Raiffeisen Landesbank Tirol
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