Sierra Leone zählt zu den ärmsten Ländern der Welt. Ein Jahrzehnt lang, von 1991 bis 2002, tobte ein blutiger Bürgerkrieg im Land, der zehntausende Todesopfer forderte. Mit der Aufarbeitung dieses Krieges und dem Wiederaufbau des Landes ist man bis heute beschäftigt. Ein großer Teil der rund 7,5 Millionen Einwohner lebt weiterhin in extremer Armut. Sehr viele der Menschen können sich deshalb im Krankheitsfall kaum eine gesundheitliche Versorgung leisten.
Die St. Anthony Stadtteilklinik in Sierra Leones Hauptstadt Freetown – 1992 von einem britischen Pater eröffnet – bietet speziell den armen unter den rund 610.000 Einwohnern der Stadt eine medizinische Grundversorgung. Im kleinen, zentral im Stadtteil Brookfields gelegenen Spital kümmert sich das medizinische Personal vor allem um schwangere Frauen und kleiner Kinder unter fünf Jahren. Das Haus wird ob seiner medizinischen Kompetenz von Patientinnen und Patienten sehr geschätzt und gerne weiterempfohlen. Was mit den Jahren einen immer größer werdenden Andrang bewirkte.
Doch das Klinik-Gebäude ist in sehr schlechtem Zustand und baufällig. Das Dach kann jederzeit einstürzen und Kranke wie Personal von herabfallenden Trümmern verletzt werden. Das Gebäude wurde in den letzten Jahren wiederholt durch die starken Regenfälle beschädigt und konnte immer nur notdürftig repariert werden. Durch eindringendes Wasser sind auch medizinische Gerätschaften und Mobiliar beschädigt worden.
Büro im Behandlungsraum
Zudem ist der gesamte Bau viel zu klein, um die wachsende Zahl an Patient:innen unterzubringen, vor allem während der Regenzeit. Büroarbeit muss in den Behandlungsräumen erledigt werden, schwer erkrankte Personen können nicht von anderen isoliert werden. Für bestimmte Untersuchungen müssen die Patient:innen an andere Einrichtungen verwiesen werden, da St. Anthony über kein Labor und keine Laborausrüstung verfügt. Die Lagerräume der Klinik sind ebenfalls viel zu klein.
Das gesamte Bauwerk muss nicht nur dringend saniert, sondern auch entsprechend vergrößert werden. Kurz gesagt, es muss alles neu aufgebaut werden.
Jugend Eine Welt unterstützt daher mit seinen Don Bosco-Projektpartnern vor Ort den Neubau der gesamten Klinik.
Das mit Gesamtkosten von rund 1 Million Euro veranschlagte Neubauprojekt ist in drei Phasen aufgeteilt. Zuerst entsteht neben dem existierenden ein neues Gebäude. Dann wird der Spitalsbetrieb in dieses verlagert und das alte abgerissen. In Phase 3 wird schließlich das alte medizinische Equipment durch neues ersetzt sowie ein neuer Rettungswagen gekauft. Zudem nehmen die Mitarbeitenden der Klinik an Fortbildungen teil, um ihre Kompetenzen weiterzuentwickeln.
Der Neubau garantiert eine sichere Gesundheitsversorgung für alle herbeiströmenden Menschen und ermöglicht neben Schwangeren und Kindern die Aufnahme weiterer Kranker. Sozial benachteiligte Menschen aus der Gegend erhalten so eine für sie leistbare und hochwertige medizinische Versorgung.
Wunden in Sterne verwandeln
Als Projektmanager vor Ort für den Spitals-Neubau fungiert der ehemalige Kindersoldat Ishmeal Alfred Charles.
Ishmeal war gerade neun Jahr alt, als er von Rebellen im 1991 beginnenden Bürgerkrieg in Sierra Leone aus dem Dorf verschleppt wurde, in dem sein Vater als Bergarbeiter in einer Diamantenmine arbeitete. Einmal gefangen genommen, wurde der Bub wie so viele andere Kinder zum Schießen, Plündern und vielem mehr „ausgebildet“. Wiederholt versuchte er zu fliehen, wurde jedoch immer wieder eingefangen.
Nach Ende des Krieges konnte Ishmeal wieder eine Schule besuchen, studierte dann in seiner Heimat sowie an Unis in England und den USA. Ishmeal arbeitet heute als Projektmanager für diverse Entwicklungsprojekte in Sierra Leone. Daneben ist er u.a. für die von ihm 2018 mitbegründete Kampagne „Sick Pikin Project“ tätig, die kranken Kindern komplexe Operationen im Ausland ermöglicht.
Ishmeal ist selbst Vater von fünf Kindern und kümmert sich gemeinsam mit seiner Frau um eine große Schar weiterer Kinder.
Ishmeal Alfred Charles hat viele Jahre über seine schrecklichen Kindheitserlebnisse nicht gesprochen. Erst mit dem Kontakt zu einem katholischen Priester im Jahr 2012 hat sich das verändert: „Heute kann ich frei über meine Kindheitserlebnisse sprechen und habe nun ein Buch darüber geschrieben.“
Ishmeal weilte mit seiner Frau im Herbst 2023 zu Besuch in Wien und präsentierte dabei unter anderem sein Buch: „Vom Kindersoldaten zur humanitären Berufung – Das Abenteuer, Wunden in Sterne zu verwandeln“
Im Zuge seines Wien-Besuches wurde Ishmeal Alfred Charles von Redakteurin Johanna Kreid von der österreichischen Tagszeitung KURIER ausführlich interviewt. Den anlässlich des Weltages gegen den Einsatz von Kindersoldaten am 12. Februar erschienene Artikel im KURIER gibt es zum Nachlesen HIER