Es war eine herzzerreißende Situation. „Menschen graben mit bloßen Händen in den Trümmern eingestürzter Häuser, weinende Kinder, im Pyjama und barfuß, sitzen alleine auf der Straße“, schilderte Jugend Eine Welt-Nothilfekoordinator Wolfgang Wedan im Februar 2023 über die Lage im syrischen Aleppo. Ein schweres Erdbeben hatte in der Grenzregion zur Türkei tausende Tote gefordert und eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Für den erfahrenen Nothelfer Wedan, der vor Ort erste Hilfsmaßnahmen mit auf die Beine gestellt hatte, überstieg dieser Einsatz „in seiner Tragik alles bisher Miterlebte.“
Die Hilfe für die Bebenopfer in Syrien war eines von mehr als 200 Humanitären Nothilfe-Projekten, die die österreichische Entwicklungsorganisation Jugend Eine Welt seit ihrer Gründung im Jahr 1997 unterstützt hat. Elementare Hilfe für durch Natur- und Umweltkatastrophen, Pandemien, Hungersnöte, zerstörerische Konflikte und Kriege oft schuldlos in Not geratene Menschen. „Die Zahl der Fälle, in der wir Humanitäre Hilfe leisten, ist in den vergangenen vier Jahren wegen der sich überlagernden, oft lang dauernden multiplen Krisen gestiegen“, sagt Jugend Eine Welt-Geschäftsführer Reinhard Heiserer in Hinblick auf den bevorstehenden „Welttag der Humanitären Hilfe“ am 19. August.
Was Jugend Eine Welt, dessen Arbeitsschwerpunkt dem Grundsatz „Bildung überwindet Armut“ folgend auf der Unterstützung nachhaltiger Projekte der Entwicklungszusammenarbeit liegt, in einen nicht immer einfach zu bewältigenden Modus drängt: nämlich zwei unterschiedliche „Hilfsarten“ nebeneinander oder gar hintereinander zu managen.
Vorteil und Verpflichtung
Jugend Eine Welt hat in Sachen Humanitärer Hilfe einen Vorteil, der zugleich eine Verpflichtung beinhaltet. Dank des weltumspannenden Don Bosco-Netzwerkes sind in der Regel immer ProjektpartnerInnen in den von einer Katastrophe betroffenen Gebieten vertreten. Das erleichtert die rasche und effektiv Umsetzung von Hilfsmaßnahmen. Heiserer: „Durch unsere Partner sind wir aus erster Hand informiert, was wo genau gebraucht wird und sie können, weil ja vor Ort, sofort eingreifen.“
Ein entscheidender Vorteil, der aber Jugend Eine Welt gewissermaßen zum Helfen verpflichtet. „Die oft über Jahre bestehende Verbundenheit mit Projektpartnerinnen und Projektpartnern sowie der jeweiligen lokalen Bevölkerung lässt es nicht zu, das wir diese im Katastrophenfall im Regen stehen lassen“, so Heiserer. Die Akuthilfe muss aber mit möglicherweise mit bestehenden Projekten der Entwicklungszusammenarbeit in Einklang gebracht werden. Beide Bereiche „fließen“ immer stärker ineinander. Wie sich bei der Nothilfe im nicht enden wollenden Ukrainekrieg zeigt. Während der Corona-Pandemie war es etwa notwendig, rasch Hilfsmittel zur Eindämmung des Virus aufzutreiben, damit Kinder (wieder) unterrichtet werden konnten. Die Möglichkeit, überhaupt eine Schule zu besuchen, war für die Kinder oftmals mit Projekten der nachhaltigen Entwicklungszusammenarbeit erst geschaffen worden.
Planbarkeit
„Dank treuer SpenderInnen, privater FördergeberInnen und staatlicher Unterstützung durch die Austrian Development Agency (ADA) ist es uns erst möglich, im Notfall rasch und effizient zu helfen“, erklärt Heiserer. Bei der staatlichen Unterstützung kam es aber in jüngster Zeit zu Schwierigkeiten, weil deren tatsächliche Bereitstellung nicht voraussehend planbar ist. Heiserer: „Wir hängen da derzeit wieder buchstäblich mit in der Luft, weil das strategische Dreijahresprogramm der Österreichischen Entwicklungspolitik 2025 bis 2027, das auch die Humanitäre Hilfe umfasst, immer noch nicht beschlossen ist. Somit kann die ADA nicht planen, was dann auf uns zurückfällt.“
Akute Humanitäre Hilfe und nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit bedürfen jedoch einer regelmäßigen Anpassung, wie die letzten Krisen gezeigt haben. „Unsere bisherigen Appelle, das Programm bald zu beschließen, müssen wir offensichtlich an eine künftige Regierung richten“, meint Heiserer mit Blick auf die knappe Zeit bis zu den Nationalratswahlen.
Eine Forderung, die gemeinsam mit dem entwicklungspolitischen Dachverband AG Globale Verantwortung (AGGV, die Interessen von 36 österreichische Nichtregierungsorganisationen aus dem Bereich der Entwicklungszusammenarbeit werden dort vertreten) zum Welttag der humanitären Hilfe mit weiteren „Wünschen“ an eine neue Regierung gekoppelt ist. So sollte etwa der Großteil der Mittel aus dem zuständigen Auslandskatastrophenfonds bereits zu Beginn eines jeden Jahres zur Verfügung gestellt werden. Damit wären für Hilfsorganisationen die Einsätze speziell bei längeren Krisen besser planbar und Ziele in der Entwicklungszusammenarbeit besser auszurichten. Zudem sollte der Auslandskatastrophenfonds bis zum Jahr 2030 jährlich um 20 Mio. Euro erhöht werden, damit der Fonds ab dann mit 200 Mio. Euro ausgestattet ist. Zur Bewerbung dieser Anliegen im laufenden „Wahlkampf“ hat die AGGV folgende Losung ausgegeben: „Wir alle haben die globalen Krisen satt. Wir wollen in einer sicheren Welt leben. Österreich packt an: Globale Krisen. Weltweite Armut und Hunger. Hitze.“
Act for Humanity
Für den diesjährigen Welttag der Humanitären Hilfe hat die UNO das Motto #ActforHumanity ausgewählt. Denn viele Hilfsorganisationen, wie auch Jugend Eine Welt, leisten in Krisengebieten trotz oft großer Hindernisse unbeirrt humanitäre Hilfe. Der Welttag wurde von den Vereinten Nationen in Erinnerung an einen Anschlag in Bagdad auf humanitäre Einsatzkräfte im Jahr 2003 eingeführt.
Spendenkonto Jugend Eine Welt: AT66 3600 0000 0002 4000
Onlinespenden unter www.jugendeinewelt.at/spenden
Spenden sind steuerlich absetzbar | Spenden von Unternehmen für die Katastrophenhilfe sind als Betriebsausgabe zu 100 Prozent von der Steuer absetzbar