„Kinderrechte leben – Demokratie stärken.“ Dieser Leitspruch steht am 20. November international im Fokus. Es ist der Tag, an dem die UN-Kinderrechtskonvention ihren 35. Geburtstag begeht
„Ein Jubiläum, das wir in Bezug auf die guten weltweiten Fortschritte bei der Umsetzung von Kinderrechten feiern können, auch wenn es dabei einige Wermutstropfen gibt“, hält Reinhard Heiserer, Geschäftsführer der österreichischen Entwicklungsorganisation Jugend Eine Welt, zum Internationalen Tag der Kinderrechte 2024 fest. Auf die Rechte von Kindern werde zwar vielfach Rücksicht genommen, längst aber nicht auf alle und überall.
Jugend Eine Welt setzt sich seit seiner Gründung 1997 weltweit für die Rechte von Kindern und Jugendlichen ein. Diese wurden 1989 in der von der UN-Generalversammlung verabschiedeten Konvention als für jedes Kind geltende universelle Rechte normiert, unabhängig von dessen Herkunft, Geschlecht, Religion oder sozialem Status. Wie etwa der Schutz vor wirtschaftlicher und sexueller Ausbeutung, das Recht auf Bildung, auf gewaltfreie Erziehung, freie Meinungsäußerung, Gesundheit und Gleichheit. 196 Staaten der Welt, also fast alle, haben die Konvention ratifiziert, prominente Ausnahme sind die USA (u.a., weil dort manche Gesetze im Widerspruch zur Konvention stehen, wie etwa lebenslange Haftstrafen für Minderjährige). „Kein anderer Menschenrechtsvertrag hat so viel positive Resonanz gefunden wie dieser“, sagt Heiserer.
Bei der konkreten Umsetzung der Kinderrechte sei „in den vergangenen 35 Jahren schon einiges weitergegangen.“ Die großen Bemühungen in vielen Ländern haben jedoch in den letzten Jahren einen Dämpfer erfahren. Rückschritte in Sachen Kinderrechte sind nicht nur, aber wesentlich durch die vielen Krisen in jüngster Zeit wie Pandemie, Krieg, horrende Inflation, sinkendes Wirtschaftswachstum verursacht.
Alle Rechte sind wichtig
Kinderrechte sind alle gleich wichtig. „Und sie gelten ohne jede Ausnahme für jedes Kind, ohne Wenn und Aber“, erklärt Heiserer: „Wir alle, jeder erwachsene Mensch, ob in Regierung, in Politik, in Wirtschaft oder im Privatleben, ist dafür verantwortlich, dass Kinder geschützt leben können und ihre Rechte eingehalten werden.“ In Ländern wie Österreich, wo der Kinderschutz einen hohen Stellenwert hat, wird der Missbrauch, die Verletzung von Kinderrechten in fernen Ländern jedoch gerne „übersehen“. Wie sich am Beispiel Kinderarbeit zeigt.
Kinderarbeit stoppen
„Die Missachtung grundlegender Kinderrechte, wie sie im Fall von ausbeuterischer Kinderarbeit in Teilen der globalen Rohstoffketten und Güterproduktion geschieht, darf nicht die Basis für unser Leben im Wohlstand sein“, erinnert Reinhard Heiserer einmal mehr. Jugend Eine Welt unterstützt im Globalen Süden zahlreiche Projekte, die die Wahrung von Kinderrechten fördern und missbräuchliche Kinderarbeit verhindern. Laut Schätzung und Erhebung der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) aus den Jahren 2016 bis 2020 sind weltweit rund 160 Millionen Mädchen und Burschen von schädlicher Kinderarbeit betroffen. Damit werden sie oft um ihr elementares Recht, nämlich jenes auf Bildung, gebracht.
Bei der ILO fürchtet man, dass etwa durch die langfristigen Folgen der Corona-Pandemie viele Familien in wirtschaftlichen Schwellenländern weiter in oder neu in Armut abgerutscht sind. Die Zahl der durch Kinderarbeit gefährdeten jungen Menschen dürfte sich damit wieder erhöhen. Ergebnisse einer aktuellen Zahlenerhebung werden allerdings erst für Juni 2025 erwartet.
Appell an künftige Regierung
In der Initiative „Kinderarbeit stoppen“ macht Jugend Eine Welt in Österreich gemeinsam mit Partnerorganisationen bei vielen Aktionen auf die anhaltende Problematik der Kinderarbeit aufmerksam. Die Mitglieder im Bündnis tragen die Thematik mit unterschiedlichen Aktionen in die breite Öffentlichkeit, um etwa auf eine strenge Umsetzung des im Mai 2024 auf EU-Ebene beschlossenen Lieferkettengesetzes hinzuweisen. Heuer gab es bereits Workshops zu Kinderarbeit in der Kakaoindustrie, den Kinder-Malwettbewerb „Kritzelkraft gegen Kinderarbeit“ sowie diverse Infoabende. Zuletzt wurden publikumswirksam zum Tag gegen Armut Kinderzeichnungen auf das Gebäude des Justizministeriums projiziert. Daneben gab es viele Gespräche mit Politikerinnen und Politiker aller Couleurs, wie etwa mit Justizministerin Alma Zadic.
Das Bündnis richtet zum Tag der Kinderrechte einen dringenden Appell an all jene, die derzeit Verhandlungen zur neuen Regierung führen: „Maßnahmen gegen ausbeuterische Kinderarbeit und die Umsetzung des EU-Lieferkettengesetzes müssen explizit Teil des Regierungsprogramms werden, die künftige Regierung muss die europäische Richtlinie entschlossen und zeitnah in ein österreichisches Gesetz überführen.“ Am 24. November findet in Wien dazu mit der „Living Library“ die nächste öffentliche Aktion statt: Expertinnen und Experten beantworten als „lebende Bücher“ alle Fragen von Interessierten (Info & Anmeldung unter www.jugendeinewelt.at/news-presse/termine/).
„Der internationale Tag der Kinderrechte ist ein guter Anlass, um auf die traurige Realität von Millionen Kindern, deren Rechte mit Füßen getreten werden, hinzuweisen. Es ist aber auch ein Tag, um sich der Möglichkeiten des persönlichen Einsatzes für Kinderrechte bewußt zu werden, etwa als kritischer Konsument, als Spenderin – bitte helfen Sie uns, diese Kinder vor Unrecht zu schützen und ihnen Bildung zu ermöglichen“, so Reinhard Heiserer.
Jugend Eine Welt setzt sich seit Jahren gemeinsam mit Partnerorganisationen aus der Initiative Kinderarbeit stoppen, der Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar, Kindernothilfe Österreich, Solidar Austria (ÖGB), FAIRTRADE Österreich und Butterfly Rebels, für ein strenges europäisches Lieferkettengesetz ein, das dazu beiträgt, Kinderarbeit und andere Menschenrechtsverletzungen wirksam zu stoppen (www.kinderarbeitstoppen.at).