Die Errichtung einer „Family Clinic“ in Kulmasa, eine der ärmsten Gegenden in Ghana, bildet eines der Leuchtturm-Projekte von Jugend Eine Welt. In Zusammenarbeit mit dem Verein „Freunde Anna Dengel“ sowie mit der Unterstützung von Förderpartnern, u.a. dem Land Tirol und der Else Kröner-Fresenius Stiftung, leistet die österreichische Entwicklungsorganisation Jugend Eine Welt einen wichtigen Beitrag für die Gesundheitsversorgung im Norden Ghanas. Anfang Oktober wurde er erste Teil der „Family Clinic“, die von den Missionsärztlichen Schwestern (MMS) betrieben wird, feierlich eingeweiht.
Klinik für 24.000 Menschen
Die Missionsärztlichen Schwestern (MMS), langjährige Partnerinnen von Jugend eine Welt, wollen den gesundheitlichen Herausforderungen in Kulmasa mit der Errichtung einer „Family Clinic“ begegnen. Die Klinik wird im Vollbetrieb die Gesundheitsversorgung von rund 24.000 Menschen im ländlichen Norden Ghanas gewährleisten und insbesondere Schwangere, Mütter und Kinder unter fünf Jahren versorgen. Zudem werden Behandlungen für Kinder mit Behinderungen und allgemeine Gesundheitsdienste für die Bevölkerung der Region bereitgestellt. Die „Family Clinic“ wird ergänzt durch ein Public Health-Programm, das mit Hausbesuchen und mobilen Klinikeinsätzen den Menschen in ruralen Gebieten eine medizinische Versorgung vor ihrer Haustüre bietet und gesundheitliche Aufklärung und Präventionsmaßnahmen vermittelt. Bis zur feierlichen Einweihung konzentrierten sich alle Maßnahmen vor Ort auf die Bauarbeiten (Kernbau, Dach, Fenster, Türen, Rohre, Equipment). Die Innenräume der Klinik wurden davor bereits planmäßig fertiggestellt.
Riesiger Bedarf an medizinischer Versorgung
Der Bedarf an medizinischer Versorgung ist in der Region rund um die Stadt Kulmasa groß. Seit Jahresbeginn verzeichnen die Jugend Eine Welt-Projektpartnerinnen einen kontinuierlichen Anstieg der Patient:innenzahlen sowohl für ambulante wie auch stationäre Versorgung und für Notfälle. Im Zeitraum von März bis Juli 2024 wurden insgesamt 3.589 Menschen von dem 32-köpfigen Team behandelt. Allein im Juli fanden knapp 1.000 ambulante Behandlungen infolge einer Malaria- Welle statt. Die große Zahl der stationär aufgenommenen Patienten überstieg sogar die aktuelle Bettenkapazität. Wenngleich das große Vertrauen der Bevölkerung in die Klinik für unsere Projektpartnerinnen erfreulich ist, so stellen sie das begrenzte Personal und knappe Ressourcen vor enorme Herausforderungen. Insbesondere die vielen schwangerschaftsbezogenen Untersuchungen bringen das 2–Personen Hebammen-Team an seine Grenzen. Abhilfe kommt nun vom ghanaischen Gesundheitsministerium, das den Einsatz von fünf weiteren Hebammen der Klinik mittlerweile zugesagt hat. Aufgrund der vielen verschiedenen Behandlungsfälle im ersten Halbjahr 2024 haben die Missionsärztlichen Schwestern, Projektpartnerinnen von Jugend Eine Welt, außerdem beschlossen, die Klinik um einen kleinen Operationssaal zu erweitern. Diese Einrichtung wird die Durchführung von Notfall-Kaiserschnitten, Operationen nach Verkehrsunfällen und einfacher chirurgischer Eingriffe ermöglichen.
Überlastetes Personal, kritische Bettensituation
Es gibt allerdings noch viel zu tun. Stationäre Räumlichkeiten, um Patient:innen aufnehmen zu können, werden dringend benötigt. In einem nächsten Schritt sollen sowohl ein Mutter-Kind-Zimmer als eigene Zimmer für Frauen errichtet werden. „Die Betten-Situation ist äußerst angespannt und muss dringend gelöst werden“, berichtet Sr. Rita Amponsaa-Owusu. Die Missionsärztliche Schwester ist Projektpartnerin von Jugend Eine Welt und leitet neben dem Bau der Family Clinic auch das von Jugend Eine Welt unterstützte Public Health Team. Dieses 22 Fachkräfte umfassende mobile Team, darunter u.a. Krankenschwestern und Hebammen, ermöglicht in der Region Kulmasa eine kostenlose öffentliche Gesundheitsversorgung. „Derzeit umfasst unsere Entbindungsstation sechs Betten für schwangere Frauen. Außerdem gibt es noch den Notfallbereich mit vier Betten. Das ist alles. An manchen Tagen müssen wir jedoch bis zu 15 Personen aufnehmen – bitte fragen Sie nicht, wie wir das bewältigen“, so Sr. Rita Amponsaa-Owusu weiter. „Patient:innen werden oft früher entlassen, als es medizinisch sinnvoll wäre, um Platz für die nächsten zu schaffen. Die Situation ist wirklich kritisch. Natürlich sind seit der Eröffnung die Patient:innen-Zahlen stark gestiegen, jetzt, da die Menschen wissen, dass die Einrichtung in Betrieb ist. Früher hatten wir durchschnittlich 20 Patient:innen pro Tag. Seit Oktober empfangen wir jedoch an manchen Tagen bis zu 60 Patient:innen.“
„Zuletzt kam eine Frau zur Entbindung in unsere Klinikambulanz, obwohl unsere Hebammen sie immer in eine nahegelegene Geburtenstation verwiesen. An einem Samstag, an dem die junge Mutter in die Klinik kam – sogar vor den offiziellen Öffnungszeiten der Klinik – wurde das Baby auf dem Boden entbunden. Unser medizinisches Personal tat alles Erdenkliche, um sicherzustellen, dass Mutter und Kind in Sicherheit waren“, so Sr. Rita Amponsaa-Owusu. „Die junge Mutter konnte nicht glauben, dass wir unter den gegebenen Umständen aufgrund der begrenzten Räumlichkeiten und Ressourcen nicht in der Lage sind, Entbindungen durchzuführen. Aber es ist beruhigend zu sehen, dass immer mehr von ihnen bereit sind, in unseren Räumlichkeiten statt zu Hause zu entbinden, was oft zum vermeidbaren Tod von Mutter und Kind führt.“
Großer Dank an Unterstützer:innen
„Wir freuen uns sehr, dass der erste Teil der Family Clinic feierlich eingeweiht werden konnte. Ein großer Dank geht an alle Freund:innen, Föderer:innen und Unterstützer:innen. Doch wie Sr. Rita bereits berichtet hat: Es gibt noch viel zu tun. Neben den zusätzlichen stationären Räumlichkeiten fehlt es weiters an Laboren, einer Unterkunft für Mitarbeiter:innen, Brunnen, Bewässerungs- und Solaranlagen sowie weiterer medizinischer Geräte“, so Reinhard Heiserer, Geschäftsführer von Jugend Eine Welt. „Bitte helfen Sie weiterhin mit Ihrer Spende und unterstützen Sie die wichtige Arbeit vor Ort. Damit die Menschen in Kulmasa die Chance auf eine lebenswichtige Gesundheitsversorgung haben.“
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