„Rechte und Lebensraum indigener Völker und Gemeinschaften werden in vielen Ländern immer stärker vor allem wegen wirtschaftlicher Interessen missachtet und beschnitten“, sagt Reinhard Heiserer, Geschäftsführer der österreichischen Hilfsorganisation Jugend Eine Welt, anlässlich des internationalen Tages der indigenen Völker, der am 9. August begangen wird. Der von den UN bereits 1994 eingeführte Gedenktag soll auf die fehlende Anerkennung der Rechte indigener Völker sowie die vielerorts nach wie vor herrschenden Missstände wie Unterdrückung, Ausbeutung und Diskriminierung aufmerksam zu machen.
„Es geht dabei besonders um die Respektierung und den Schutz der Lebensräume dieser Völker und die Mitsprache bei Entscheidungen über Erhalt oder Ausbeutung dort vorhandener natürlicher Ressourcen“, so Heiserer. Nach Schätzungen der UN gehören weltweit etwa 370 Millionen Menschen einem der gut 5.000 indigenen Völker an, die in ungefähr 90 Staaten leben. In vielen dieser Länder geraten die Menschen jedoch zusehends unter Druck, wenn es um den Abbau von Rohstoffen geht und um den für den Kampf gegen den Klimawandel so wichtigen Schutz von (Regen-)Wäldern. In Brasilien ruft die derzeitige Regierung sogar die Agrar- und Rohstoffindustrie aktiv dazu auf, indigene Territorien für ihre Zwecke zu nützen, anstatt endlich verbriefte Schutzgebiete auszuweisen. Zur Durchsetzung der wirtschaftlichen Interessen werden hingegen oft brutale Methoden angewandt, um Ureinwohner aus ihren angestammten Gebieten zu verdrängen.
Unterstützung notwendig
„Wir dürfen die indigenen Völker nicht alleine lassen bei ihrem Einsatz für eine für sie und ihre Kinder noch lebenswerte Umwelt, ihre Rechte gehören nicht nur besser geschützt, für die Umsetzung dieser Rechte benötigen sie auch unsere tatkräftige Unterstützung“, fordert Heiserer. Dies sei letztlich auch im Interesse der weltweiten Klimapolitik, die unter anderem etwa die völlige Zerstörung der Regenwälder verhindern möchte. Leider richte jedoch die Weltöffentlichkeit meist nur dann ihre Aufmerksamkeit auf die Probleme, wenn es zu großen Demonstrationen und Auseinandersetzungen kommt.
Wie jüngst in Ecuador, wo nach Aufrufen und Aktionen vor allem der Vereinigung der indigenen Völker Ecuadors im ganzen Land gegen die prekäre soziale Lage weiter Teile der Bevölkerung teils gewaltsam protestiert wurde. Der Ausnahmezustand konnte erst nach 18 Tagen mit einem „Friedensprotokoll“ zwischen dem Verband der Indigenen und der Regierung vorläufig beendet werden. Darin finden sich unter anderem die Zusagen, dass künftig ein kleiner Teil eines aus Einnahmen des Erdölverkaufs gespeisten Fonds direkt an die indigenen Völker im Amazonastiefland geht, Bergbauprojekte in Schutzgebieten nicht mehr so einfach erlaubt werden und Volksbefragungen durchzuführen sind.

Erhalt der Lebensgrundlage für die „Siekopai“
Jugend Eine Welt unterstützt in Ecuador bereits seit 25 Jahren Projekte, die in unterschiedlicher Form speziell den dort lebenden, offiziell anerkannten 13 indigenen Völkern zu Gute kommen. Wie beispielsweise Mikrokredit-Programme, die den Start in selbstständiges Unternehmertum ermöglichen. Mit der Umsetzung eines besonders nachhaltigen Projektes wurde nunmehr begonnen.
Ziel dabei ist es, die Lebensgrundlage von rund 380 Familien der indigenen Gruppe der „Siekopai“ in der Provinz Sucumbios im ecuadorianischen Amazonastiefland zu bewahren. „Viele von ihnen leben unter der Armutsgrenze, sie sind betroffen von den negativen Folgen der Erdölförderung, dem Bergbau sowie der Abholzung der Wälder“, berichtet Heiserer. Geplant ist, für die Bevölkerung durch Waldschutz und Wiederaufforstung sowie in weiterer Folge durch die Teilnahme am CO2-Emissonszertifikatshandel neue Einnahmequellen zu schaffen. Das in mehreren Phasen ablaufende Programm wird vor Ort von Jugend Eine Welt-Projektreferent Martin Schachner begleitet, der über langjährige Erfahrung in der Zusammenarbeit mit indigenen verfügt. Kooperiert wird bei dem Projekt eng mit der „Gruppo Social – Fondo Ecuatoriano Populorum Progressio“ (kurz FEPP). Eine Stiftung mit sozialer, gemeinnütziger und ökumenischer Ausrichtung, die vor allem Indigene und Menschen im ländlichen Raum bei ihren Bemühungen um Zugang zu Bildung, finanziellen Mitteln, Arbeitsplätzen, Produktvermarktung und Umweltschutz unterstützt. Heiserer: „Damit haben wir einen Partner aus dem Land mit an Bord, der viel Wissen und Erfahrung einbringt.“