Nach dem verheerenden Erdbeben in der Türkei und Syrien im vergangenen Februar war die Solidarität der Österreicher mit den Opfern wieder beeindruckend. Nicht nur viele Privatpersonen haben rasch gespendet, sondern auch zahlreiche Unternehmen. Was es Hilfsorganisationen wie Jugend Eine Welt ermöglicht, obdachlos gewordenen Menschen in den Katastrophengebieten gemeinsam mit seinen Partnern vor Ort mit Unterkünften, Nahrungsmittel und bei Bedarf mit Medikamenten zu helfen.
Bei derartigen Katastrophen steht bei Spendern der Wunsch menschliches Leid lindern zu helfen im Vordergrund. Gedanken darüber, ob und wie diese finanzielle Unterstützung steuerlich geltend gemacht werden kann, verschwenden zunächst wohl die Wenigsten, erklärt Reinhard Heiserer, Geschäftsführer von Jugend Eine Welt, im Gespräch mit dem Börsen-Kurier. Vielen spendenfreudigen Unternehmern sei gar nicht bekannt, dass sie für die Katastrophenhilfe sogar einen „Steuerbonus“ erhalten. Wie Firmen in den Genuss der unbegrenzten steuerlichen Abzugsfähigkeit kommen, dazu gibt der Chef der österreichischen Hilfsorganisation eine kleine Orientierungshilfe.
Herr Heiserer, wann können Unternehmen für humanitäre Hilfsleistungen besondere steuerliche Vorteile lukrieren?
Heiserer: Wir reden hier von Spenden für eine spezielle Art der Hilfe, nämlich der akuten Katastrophenhilfe. Nur in diesem Bereich gibt’s einen speziellen Steuerbonus, sprich die 100-prozentige Absetzung der Spende als Betriebsausgabe. Andere Spenden wie etwa an unsere Bildungsprojekte für benachteiligte Kinder und Jugendliche weltweit sind gemeinhin nur bis zum Höchstbetrag von 10 Prozent des Gewinns eines Unternehmens steuerlich absetzbar.
Was fällt denn unter Katastrophenhilfe?
Heiserer: Im Einkommenssteuergesetz sowie in den Richtlinien ist die Rede von einem außergewöhnlichen Schadensereignis. Konkret aufgelistet werden Hochwasser-, Erdrutsch-, Vermurungs- und Lawinenschäden, Sturmschäden, Schäden durch Flächenbrand, Strahleneinwirkung, Erdbeben, Felssturz sowie Brand- und Explosionskatastrophen, Terroranschläge oder humanitäre Katastrophen wie Seuchen, Hungersnöte, Flüchtlingsströme und natürlich kriegerische Konflikte. Egal ist, ob die Hilfe im In- oder im Ausland geleistet wird.
Also nicht nur Naturkatastrophen, sondern auch Konflikte wie aktuell der Ukraine-Krieg?
Heiserer: Ja, genau. Da hat das Finanzministerium letztes Jahr sogar im Zusammenhang mit der Unterstützung von Flüchtlingen aus der Ukraine nochmals klargestellt, dass dies Katastrophenhilfe ist. Jugend Eine Welt hilft seit über einem Jahr mit seinen Partnern vor Ort den vom Krieg betroffenen Menschen, eine Reihe heimischer Unternehmen sind da mit und über uns engagiert. Dafür erhalten diese – wenn sie wollen – eine größere steuerliche Entlastung als normal. Eine akute Notlage, bei der Jugend Eine Welt ebenfalls hilft, ist beispielsweise die Hungersnot in der äthiopischen Region Tigray, deren Auslöser auch ein kriegerischer Konflikt ist.
Was bedeutet betraglich nicht begrenzte Absetzbarkeit?
Heiserer: Anders als bei der „normalen“ Spende gibt es bei der Katastrophenhilfe keine Höchstbetragsgrenze. Das heißt, die volle Spendensumme, also 100 Prozent, können als Betriebsausgabe geltend gemacht werden. Übrigens, es zählen Geld- wie auch Sachleistungen, darunter fallen etwa medizinische Geräte oder Produkte aus eigener Produktion, die Menschen in Not helfen.
Und was hat es mit der Werbewirksamkeit der Katastrophen-Spende auf sich?
Heiserer: Da müssen Unternehmen einen alten Spruch etwas abgewandelt beherzigen: Tu Gutes und rede unbedingt öffentlich darüber! Im Gesetz steht geschrieben, dass Geld- oder Sachaufwendungen bei Katastrophenfällen als Betriebsausgaben gelten, „wenn sie der Werbung dienen“.
Das heißt, ich muss als Unternehmer auch noch eine große Werbekampagne aufsetzen?
Heiserer (lachend): Nein, nein, das ist nicht nötig, die Anforderungen dafür sind eher bescheiden. Würde ich jetzt bei diesem Interview die Katastrophen-Spende eines Unternehmens an Jugend Eine Welt namentlich verkünden, also etwa dessen Hilfe für syrische Erdbebenopfer, und das wird hier im Börsen-Kurier abgedruckt, dann haben wir schon einen ausreichend werbewirksamen Medienbericht. Es reichen selbst Spenden-Hinweise in Kunden- und Klientenschreiben, auf der firmeneigenen Homepage oder auf für die Kunden des Unternehmens sichtbar angebrachten Plakaten, Aufklebern und Ähnlichem im Geschäft. Oder im Rahmen der sonst üblichen Eigenwerbung der Firma.
Die Spende ist so also gar keine Spende, sondern eine Werbeaufwendung?
Heiserer: Richtig. Steuerlich gesehen ist in Österreich die Katastrophenhilfe von Unternehmen eine Werbeaufwendung, die in voller Höhe als Betriebsausgabe anerkannt wird.
Ob das so ist, entscheidet das Finanzamt?
Heiserer: Letztlich muss dies das jeweils zuständige Finanzamt tun. Also quasi kontrollieren, ob die Spende tatsächlich Katastrophenhilfe war und so zur Betriebsausgabe wurde und es sich nicht um eine andere Form der Unterstützung gehandelt hat.
Kann das auch eine spendende Privatperson versuchen?
Heiserer: Nein, für Privatpersonen gilt diese Steuerregelung eben nicht. Egal ob Katastrophenhilfe oder sonstige Spende, Private können Geldspenden – keine Sachspenden – lediglich bis zu 10 Prozent ihrer Jahreseinkünfte geltend machen.
Spendenkonto:AT66 3600 0000 0002 4000
Kennwort: Katastrophenhilfe
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