Für die Kinder und Jugendlichen in Österreich beginnt dieser Tage wieder ein neues Schuljahr. Doch regelmäßigem Unterricht kommt nicht nur in Friedenszeiten eine wichtige Funktion zu. Jugend Eine Welt widmet gemeinsam mit seinen Don Bosco-Partnern dem Thema Bildung ebenso in Krisenzeiten besondere Aufmerksamkeit. Denn auch wenn in den ersten Wochen nach einer Katastrophe lebenserhaltende Maßnahmen im Vordergrund stehen, so gilt es, die Bedeutung von Bildung im Rahmen der humanitären Hilfe nicht zu unterschätzen.
Bildung überwindet Armut, trägt aber auch zur Katastrophenvorsorge bei und vermittelt Wissen, das im Notfall Leben retten kann. Kinder, die alles verloren haben, erhalten durch die rasche Wiederaufnahme von Bildungsmaßnahmen ein kleines Stück Normalität zurück, können sich an einem strukturierten Tagesablauf orientieren und neue Zukunftshoffnung schöpfen. Darüber hinaus hat der Wiederaufbau von zerstörten Schulen für die betroffenen jungen Menschen existenzielle Bedeutung und schützt sie vor Ausbeutung wie Kinderarbeit und Kinderhandel. Und auch in Flüchtlingslagern in Uganda, Kenia oder im Südsudan sorgen die Jugend Eine Welt-Projektpartner dafür, dass Kinder zur Schule gehen und Jugendliche eine Berufsausbildung machen können.
Syrien: Ein Kindergarten als Ort der Geborgenheit umgeben von Elend und Tragik
Bereits 24 Tage nach dem verheerenden Erdbeben in der türkisch-syrischen Grenzregion, welches über 50.000 Tote forderte, eröffnete in der stark betroffenen syrischen Stadt Aleppo wieder der Kindergarten unserer Don Bosco-Projektpartnerinnen. „Es ist so wichtig den traumatisierten Kindern zu helfen und ihnen wieder ein Lächeln ins Gesicht zaubern zu können. Wenn es den Kindern etwas besser geht, so wird auch den Eltern eine große Last von den Schultern genommen. Vielen Dank, dass Sie das mir Ihrer Spende möglich machen“, bedankte sich Reinhard Heiserer bei den SpenderInnen von Jugend Eine Welt auf Facebook. Der Kindergarten in der vom Erbeben stark betroffenen Stadt Aleppo wird bereits seit vielen Jahren von der Hilfsorganisation unterstützt und war schon vor dem Beben eine Oase der Ruhe, in dem von Konflikten heimgesuchten Land. Kleine Kinder, die beim verheerenden Erdbeben von ihren Eltern getrennt wurden, wurden im Kindergarten der Don Bosco Schwestern aufgenommen und versorgt. Viele von den Kleinen sind so jung, dass sie weder wussten wo sie wohnen, noch ihre Eltern mit vollem Namen nennen konnten.
Ukraine: Distance Learning für Flüchtlingskinder an Don Bosco-Standorten
Es gibt über vier Millionen schulpflichtige Kinder und Jugendliche aus der Ukraine. Aufgrund des anhaltenden Kriegs in ihrer Heimat werden drei von vier ukrainische Kinder der Schule fernbleiben müssen. Zu dieser Schätzung gelangt das Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten. Denn einerseits beschädigten bzw. zerstörten russische Angriffe viele Schulen und andererseits werden noch intakte Bildungseinrichtungen oftmals als Notunterkünfte genützt. Darüber hinaus mussten nach Informationen des UN-Kinderhilfswerks UNICEF mehr als zwei Millionen ukrainische Kinder im Jahr 2022 aus ihrer Heimat flüchten und fanden in Nachbarländern einen sicheren Zufluchtsort. Ergänzend zu den bereits über die Sommermonate geschaffenen Hilfs- und Bildungsangeboten der Jugend Eine Welt-Projektpartner in den Nachbarländern der Ukraine haben schulpflichtige Kinder ab sofort zusätzlich die Möglichkeit via Distance Learning weiterhin am ukrainischen Schulsystem teilnehmen zu können und die Nachfrage war immens groß. Etwa am Don Bosco-Standort in Chişinău, der Hauptstadt der Republik Moldau. Nach den Distance Learning-Einheiten erhalten die jungen Menschen zudem die Möglichkeit eines „After School Programs“, einer kostenlosen Nachmittagsbetreuung bzw. Lernhilfe in ihrer Sprache.
Philippinen: Wissen und solide gebaute Zentren schützen
In Regionen, die von Naturkatastrophen bedroht sind, fördert Jugend Eine Welt die Errichtung von sicheren Schulgebäuden, die im Notfall für die in der Umgebung lebenden Menschen als Schutzräume dienen können. Die Schulkinder werden mit potenziell drohenden Naturgefahren vertraut gemacht und lernen, wie sie sich im Katastrophenfall am besten schützen können. Ein solches Katastrophenschutzzentrum wurde beispielsweise mit Hilfe von Jugend Eine Welt nach dem Wirbelsturm „Haiyan“ in der Stadt Minglanilla auf den Philippinen errichtet. Im Fall einer künftigen Naturkatastrophe soll das Katastrophenschutzzentrum tausend Menschen temporären Schutz bieten, heute wird es als Schulgebäude genutzt, in dem 500 sozial benachteiligte Mädchen unterrichtet werden. Ihre Chance, denn Mädchen aus armen Familien sind auf der Insel Cebu in ständiger Gefahr, von MenschenhändlerInnen in die Prostitution gezwungen zu werden.
Pakistan: Unterricht im Freien und in Zelten
Im Jahr 2005 wurde Pakistan von einem der bislang schwersten Erdbeben in dieser Region getroffen. Nach offiziellen Angaben kamen mehr als 76.000 Menschen bei dem Erdbeben ums Leben und drei Millionen Menschen wurden obdachlos. Bereits unmittelbar nach der Katastrophe unterstützte Jugend Eine Welt die ersten Hilfsaktionen der Salesianer Don Boscos und der Wiederaufbau von Schulen war von Beginn an Teil des Nothilfe- und Wiederaufbauprogramms der Jugend Eine Welt-Partner. Bereits unmittelbar nach dem Erdbeben organisierten die Salesianer einen provisorischen Schulunterricht im Freien, sobald vorhanden in eigens dafür zur Verfügung gestellten Zelten. Als Projektorte wurden Chakah und Hangrai ausgewählt, zwei Orte in der Region Manu Jabra, in denen die vorhandenen öffentlichen Schulen durch das Erdbeben zerstört worden sind. Dank der Hilfe aus Österreich konnten an beiden Orten Schulen in erdbebensicherer Bauweise für insgesamt bis zu 500 Kinder und Jugendliche errichtet werden.
Afghanistan: Bildung in einem Land auf dem Weg zu einer der größten humanitären Krisen der Welt
Nach Jahrzehnten des Konflikts, wiederkehrender Naturkatastrophen und großer Armut führte die Machtübernahme durch die Taliban im August 2021 zu einem noch schnelleren wirtschaftlichen Niedergang und in der Folge zu noch größerer Ernährungsunsicherheit und weit verbreiteter Unterversorgung der Bevölkerung. 2023 sind 6 Millionen Menschen in Afghanistan von Hunger bedroht. Es ist zudem davon auszugehen, dass afghanische Mädchen in ihrer Bildung weit hinter die Buben zurückfallen werden, denn ihnen ist derzeit nur der Volksschulbesuch bis zur 6. Klasse erlaubt, danach gibt es für sie kaum noch Bildungsmöglichkeiten. Zudem dürfen Lehrerinnen aktuell lediglich Alphabetisierungskurse geben. Auch erhalten die Frauen nun keine Gehälter mehr und um ihre Familien zu versorgen fehlt ihnen wichtiges Geld. Trotz der fehlenden Gehaltszahlungen versuchen viele dieser mutigen Lehrerinnen ihren Job weiterhin auszuüben. Im Verborgenen unterrichten sie engagiert Mädchen und junge Frauen. Gemeinsam mit Jugend Eine Welt unterstützt der AKIS-Kulturverein diese Lehrerinnen und ihre Familien. Die PartnerInnen vor Ort in Kabul verteilen Lebensmittelpakete mit Reis, Öl, Bohnen und Mehl, aber auch Zucker und Tee. Zudem erhalten die Frauen monatlich einen kleinen Betrag an Bargeld, um sich so medizinische Versorgung organisieren zu können. Darüber hinaus hat der Kulturverein einen kleinen Raum für die Bildung von Mädchen angemietet – und es ist Vorsicht geboten, denn die Unterrichtsangebote dürfen nicht für allzu große Aufmerksamkeit sorgen. Schließlich handeln die Frauen hier gegen die offizielle Gesetzgebung. Doch ihre Angst vor Bestrafung hält sie nicht davon ab, ihre eigentliche Berufung weiterhin zu leben – für die Zukunft aller Mädchen in Afghanistan!
Dieser Artikel ist auch im aktuellen Jugend Eine Welt-Magazin GIOVANNI mit dem Titel "Katastrophenhilfe. Kindern und ihren Familien in Notfällen zur Seite stehen." auf Seite 16 veröffentlicht worden.