„Je mehr das Lieferkettengesetz abgeschwächt wird, umso mehr leiden Millionen Kinder im Globalen Süden“, kommentiert Reinhard Heiserer, Geschäftsführer der österreichischen Entwicklungsorganisation Jugend Eine Welt, die gestern Abend erfolgte Abstimmung im Rechtsausschuss des EU-Parlaments. Diese ergab mit 17 „Ja“- und 6 „Nein“-Stimmen ein klares Ergebnis für eine weitere Entschärfung des Lieferkettengesetzes und besagt nun, dass nur noch Großunternehmen mit mindestens 5.000 Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz von mindestens 1,5 Milliarden Euro von den verschärften Vorschriften betroffen sind. Ein klarer Rückschritt, denn ursprünglich war eine deutlich geringere Grenze von 1.000 Mitarbeitenden und 450 Millionen Euro Umsatz vorgesehen. Zudem soll für Unternehmen, die gegen die Regeln verstoßen, auf EU-Ebene keine zivilrechtliche Haftung mehr gelten. „138 Millionen Mädchen und Buben im Alter zwischen 5 und 17 Jahren sind laut Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO von Kinderarbeit betroffen. Das entspricht der Gesamtbevölkerung von Österreich, Frankreich und Italien. Mit einem starken Lieferkettengesetz, das Unternehmen in ihrer Produktionskette auf die Finger schaut, hätten Millionen Kinder die Chance bekommen, statt zu schuften in die Schule gehen zu können. Diese Chance wird ihnen nun wohl geraubt“, zeigt sich Heiserer verärgert.
In 204 Produkten des täglichen Lebens steckt Kinderarbeit
Der Jugend Eine Welt-Geschäftsführer verweist im Zuge dessen auf die „List of goods“ – eine Auflistung der ILO, die zeigt, in welchen Produkten unseres täglichen Lebens Kinderarbeit steckt. „Oft fehlt das Bewusstsein, dass auch wir in Österreich mit Kinderarbeit konfrontiert sind. Stellen wir uns den Frühstückstisch an einem gemütlichen Sonntag-Morgen vor. Ist der Kaffee, den wir trinken, frei von Kinderarbeit? Zahlen belegen, dass zum Beispiel in Ghana und der Elfenbeinküste über 1,5 Mio. Kinder auf Kaffeeplantagen arbeiten müssen. Auch im Orangensaft, in der Schokoladencreme – sogar im Lachs kann Kinderarbeit stecken. Insgesamt sind laut ILO bei der Herstellung von 204 Produkten aus 82 Ländern Kinderhände im Spiel“, so Heiserer. „Das nun zahnlose Lieferkettengesetz zerstört die Kindheit von Millionen Mädchen und Buben. Es kann doch nicht sein, dass der Wohlstand in Europa auf Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen im Globalen Süden passiert!“

Initiative „Kinderarbeit stoppen“
Jugend Eine Welt setzt sich seit Jahren – als Mitglied der Initiative „Kinderarbeit stoppen“, der auch die Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar, FAIRTRADE Österreich, Solidar Austria (ÖGB), Kindernothilfe Österreich und Butterfly Rebels angehören- für ein starkes europäisches Lieferkettengesetz ein, das dazu beiträgt, Kinderarbeit und andere Menschenrechtsverletzungen wirksam zu stoppen. Weiterführende Informationen zu „Kinderarbeit stoppen“ finden Sie unter www.kinderarbeitstoppen.at.
Hier finden Sie die “List of Goods” der International Labor Organisation