Dieses Projekt wird vom Land Tirol gefördert
Gemäß Schätzungen der Vereinten Nationen leben weltweit rund 476 Millionen Menschen, die zu indigenen Völkern zählen. Das entspricht etwa 6 % der globalen Bevölkerung. Eines der Länder mit einem großen Anteil an Indigenen ist Ecuador. Laut offiziellen Erhebungen bezeichnen sich 7,7 % der Gesamtbevölkerung (das entspricht 1,3 Mio. Menschen) als Indigene. „Doch die fortschreitende Abholzung des Regenwaldes, Erdölförderung und Bergbautätigkeiten sowie die Auswirkungen des Klimawandels haben einen negativen Einfluss auf ihr Leben“, erinnert Reinhard Heiserer, Geschäftsführer der österreichischen Entwicklungsorganisation Jugend Eine Welt, anlässlich des „Internationalen Tag der indigenen Völker“ (9.8.). Neben Bildungs- und Sozialprogrammen unterstützt Jugend Eine Welt daher in Ecuador auch Projekte zur Stärkung von Indigenen vom Schutz ihres Lebensraums, über Wiederaufforstungsmaßnahmen des Regenwaldes bis zur Schaffung von alternativen Einnahmequellen. Zwei dieser nachhaltigen Projekte befinden sich aktuell im zentralen Hochland Ecuadors in Umsetzung.

Unterernährung und Mangelerkrankungen
Armut, Umweltzerstörung, Ernährungsknappheit und soziale Ungleichheit. In Guamote sind die Lebensbedingungen prekär. Die Gegend rund um den höchsten Berg Ecuadors weist mit 95,5% eine der höchsten Armutsquoten des Andenstaates auf. Zudem erschweren teilweise wüstenhafte Verhältnisse die Nahrungsversorgung für Familien. Unterernährung und Mangelerkrankungen bei Kindern und Jugendlichen sind stark ausgeprägt. „Vor ein paar Jahren drehte sich alles nur um das Überleben der Familie“, erzählt Maria. Die achtfache Mutter lebt seit ihrer Geburt in Guamote und gehört dem indigenen Volk der Puruhá, einer ethnischen Gruppe der Kichwa, an – wie 94,5% in der Region. Aufgezogen von ihrer Stiefmutter lernte Maria von klein auf, wie das umliegende Land bewirtschaftet werden muss, um Kartoffeln, Bohnen und Mellocos, eine Gemüseart typisch für Guamote, anzubauen. „Die widrigen klimatischen Bedingungen und die begrenzten wirtschaftlichen Ressourcen erschwerten die Arbeit ungemein. Immer wieder drohten Ernteausfälle“, so die 48-jährige Indigene.

Gezielte Frauenförderung
Doch dank Jugend Eine Welt und unterstützt vom Land Tirol begann sich die Situation von Maria und folglich auch den weiteren Kleinbäuerinnen in der Region zu ändern. Als Präsidentin der Frauenvereinigung ihrer Gemeinde nahm sie an Sitzungen des Netzwerkes indigener Kleinbäuerinnen in der Region Guamote (COMIC-G) teil und kam so mit dem Projekt in Kontakt. „Konkret unterstützt das Projekt 328 Frauen, die in 19 Frauenorganisationen tätig sind, dabei, eine ökologische, angepasste und diversifizierte Landwirtschaft zu führen und ihre Erträge langfristig zu steigern“, erzählt Reinhard Heiserer. Erst unlängst reiste der Tiroler und Geschäftsführer von Jugend Eine Welt selbst nach Ecuador, um sich vor Ort – gemeinsam mit den für die Umsetzung verantwortlichen langjährigen Projektpartnern des Fondo Ecuatoriano Populorum Progressio (FEPP) – ein aktuelles Bild zu machen. „Wichtige Skills wie Organisationsführung und Management von Kleinbetrieben werden gefördert. Zudem erwerben die Teilnehmerinnen auch Wissen über Umweltthemen und einfache Grundrechte. Sie lernen, wie sie den eigenen Lebensraum erhalten können, wie gesunde, nahrhafte und dauerhafte Nahrung angebaut wird und welche Rechte sie als Frau haben“, so Heiserer.

Stärkung der Kleinbäuerinnen
Denn im Gegensatz zu den Männern in den Dörfern von Guamote hatten die indigenen Frauen bislang wenig Entscheidungsbefugnis über die landwirtschaftlichen Tätigkeiten und die Nutzung der daraus stammenden Ressourcen. Ihre Meinung war wenig geschätzt, meist waren sie mit Arbeit überlastet und trugen die direkte Verantwortung für die Pflege der Familie, der Ernten und der Kleintiere. „Wir haben im vergangenen Jahr mit 30 indigenen Frauengruppen einen Planungs- und Fortbildungsprozess zum Thema agrarökologische Landwirtschaft gestartet. Nach der im Juni zu Ende gegangenen Regenzeit wurde begonnen, Kleingärten für den Eigenkonsum anzulegen, um die Ernährungssicherheit zu erhöhen“, erzählt Jugend Eine Welt-Mitarbeiter Martin Schachner, der mit dem FEPP die Projekte vor Ort umsetzt. „Beratungen über die Kleintierzucht wurden durchgeführt, vor allem über Hühner- und Meerschweinchenhaltung. Die Frauen bauen nun gemeinsam Gemüse, Hülsenfrüchte und Kräuter an und halten Hühner und Meerschweinchen. Sowohl für den Eigengebrauch, als auch für die Erzielung von Einkünften durch den Verkauf auf lokalen und regionalen Märkten. Das Selbstbewusstsein der Frauen und die aktive Partizipation in lokalen Gremien konnte erhöht werden“, führt Schachner weiter aus.

Klimaschutzprojekte in Planung
Für das kommende Jahr ist beispielsweise die Implementierung von einem Prototyp einer kleinen Biogasanlage geplant. Zudem versucht Jugend Eine Welt im Andenhochland und Amazonastiefland auch innovative Klimaschutzprojekte mit indigenen Gemeinden zu initiieren. Dabei geht es um die Aufforstung von Flächen, die durch Erosion, Versalzung, Verdichtung oder Kontamination erheblich verschlechtert wurden. Weiters ist die Implementierung von multifunktionalen Landnutzungssystemen, die Bäume oder Sträucher, Feldfrüchte und/oder Nutztiere auf derselben landwirtschaftlichen Nutzfläche kombinieren, angedacht. „Unsere Projekte tragen dazu bei, dass Indigene in Ecuador respektiert werden und ihr Lebensraum geschützt wird. Bitte helfen auch Sie mit Ihrer Spende“, so Heiserer abschließend.
