Als seit 27 Jahren im Globalen Süden tätige österreichische Entwicklungsorganisation bietet Jugend Eine Welt im Zuge des Senior Experts Austria-Programms auch Freiwilligeneinsätze für Menschen mit Berufserfahrung an. Meist Pensionistinnen und Pensionisten, die im Ruhestand ihre langjährige Expertise sinnstiftend weitergeben wollen, begeben sich auf Einsatz in Länder in Südamerika, Afrika, Asien sowie Ost-Europa. Der Schwerpunkt liegt in Sozial- und Bildungseinrichtungen und im zivilgesellschaftlichen Engagement. Die Einsätze folgen dem Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“. „Unser Senior Experts Austria Entsendeprogramm ist eine Plattform für Menschen ab 35 Jahren, die ihre Fachkompetenz in Bereichen wie Bildung, Gesundheit, Handwerk oder Verwaltung in sozialen Projekten im Globalen Süden weitergeben und benachteiligten jungen Menschen Chancen auf ein besseres Leben ermöglichen“, erklärt Reinhard Heiserer, Geschäftsführer von Jugend Eine Welt, anlässlich des Tag des Ehrenamts am 5. Dezember. „Wir bringen somit Angebot und Nachfrage zusammen: Menschen mit Berufs- und Lebenserfahrung, die mit ihrer fachlichen Expertise ehrenamtlich einen wichtigen Beitrag zur Entwicklungszusammenarbeit leisten wollen, unterstützen soziale Organisationen, die auf das Wissen qualifizierter Senior Experts zurückgreifen wollen.“
60 Seniors in 18 Ländern
Jugend Eine Welt entsandte seit dem Start des Senior Experts Austria-Programms rund 60 Freiwillige mit Berufserfahrung in 18 Länder des Globalen Südens. Die Standorte, an denen sie eingesetzt werden, befinden sich hauptsächlich in Jugend Eine Welt-Projektländern von Südamerika über Afrika und Asien bis Ost-Europa. Gefragt sind Menschen mit Erfahrung u.a. in Technik, Marketing, Landwirtschaft, Pädagogik, aber auch Handwerker und Physiotherapeutinnen, die ihre Expertise und soziale Kompetenz zwischen mehreren Monaten bis zu einem Jahr unentgeltlich in den Dienst einer guten Sache stellen bzw. in Projekten durch partnerschaftliche Mitarbeit einen Beitrag leisten, damit konkrete Problemlösungen erarbeitet oder Lebensbedingungen verbessert werden können. „Die Zusammenarbeit passiert dabei immer auf Augenhöhe. Denn zeitgemäße Freiwilligeneinsätze sind keine „Nord-Süd-Bevormundungen“, sondern ein gemeinsames Engagieren zur Lösung von organisatorischen, pädagogischen und wirtschaftlichen Herausforderungen“, so Heiserer.
Ein Freiwilligeneinsatz unter erschwerten Bedingungen
Gertrude Brindlmayer kehrte erst unlängst von ihrem Einsatz als Senior Expertin zurück. Die frühere Lehrerin und Schulleiterin sowie stellvertretende Bezirksvorsteherin von Wien-Neubau, unterrichtete mehrere Monate in Los Teques, in Venezuela, Englisch. Dabei hat sie nicht nur eine Sprache vermittelt, sondern auch Brücken zwischen verschiedenen Welten gebaut und den Schülerinnen und Schülern geholfen, ihre Träume greifbarer zu machen. Gleichzeitig hat der Einsatz auch ihren Blick auf das Leben und die sich bietenden Möglichkeiten verändert.
Von der Weltöffentlichkeit nahezu vergessen, durchlebt Venezuela derzeit die schlimmste soziale und wirtschaftliche Krise seiner Geschichte. Die Hyperinflation hat das Geld fast wertlos gemacht, wodurch Millionen Menschen in extreme Armut gestürzt und von Mangelernährung und Hunger geplagt sind. So erzählt Gertrude Brindlmayer über die Lage vor Ort: „Obwohl Venezuela als Land mit den zweitgrößten Erdölvorkommen der Welt gilt und auch über fruchtbare Ackerböden, Viehweiden, Quellwasser und weitere Rohstoffe verfügt, lebt aufgrund von enormer Misswirtschaft und Korruption der Großteil der Bevölkerung unter der Armutsgrenze. Güter des alltäglichen Bedarfs wie Lebensmittel und Hygieneprodukte sind sehr teuer und für die Bevölkerung kaum leistbar und nur schwer erhältlich. Ein Beispiel: auf der Suche nach Heftpflaster suchte ich sechs Apotheken auf, nur zwei davon hatte ein paar einzelne, ganz kleine Pflaster.“
Migration aus Verzweiflung
Niedrige Löhne und anhaltende Lebensmittelknappheit zwingen die Menschen zur Flucht. Mit rund 8,5 Millionen Geflüchteten gibt es weltweit kaum eine Region, wo so viele Menschen ihr Land verlassen haben. Die engagierte Senior Expertin berichtet: „In den letzten Jahren haben Schätzungen zufolge ca. 20 bis 25 Prozent der Bevölkerung das Land verlassen. Die Folge dieser Abwanderung sind leerstehende Geschäfte und fehlendes Personal in den Schulen, Krankenhäusern und bei Infrastruktureinrichtungen wie der Strom- und Wasserversorgung. Die Einkommen sind niedrig. Eine Lehrkraft an einer öffentlichen Schule verdient zwischen 4,- bis 9,- Euro pro Monat (!), soviel kostet 1 Kilogramm Fleisch. Die Folge der geringen Gehälter ist, dass die Kinder nur zwei bis maximal drei Tage pro Woche Unterricht haben. Die Lehrkräfte müssen an den anderen Tagen Taxi fahren oder Privatunterricht bei reichen Venezolanern geben, damit sie sich und ihre Familie ernähren können.“
Die ehrenamtliche Tätigkeit der 66-jährigen Wienerin zeigt eindrucksvoll, welchen nachhaltigen Unterschied das Engagement erfahrener Fachkräfte im Ausland bewirken kann. Wenn auch Sie Ihre beruflichen Erfahrungen und ihr Wissen über die Landesgrenzen hinaus teilen möchten, beraten wir Sie gerne!
Kontakt:
www.jugendeinewelt.at/seniorexpertsaustria
einsatz(at)jugendeinewelt.at
Telefon: +43 (0) 664 14 57 803
Jugend Eine Welt-Spendenkonto: AT66 3600 0000 0002 4000 | Onlinespenden unter www.jugendeinewelt.at/spenden | Spenden sind steuerlich absetzbar!